Der am 09.11.2022 beschlossene Schulentwicklungsplan ist Grundlage für die weitere Entwicklung der städtischen Schulen (Grundschulen, Förderschule, Gemeinschaftsschule, Realschule, Gymnasium), insbesondere auch für die weiteren Planungen des kleinen und großen Schulcampus.
Sekundarstufe
Die Sekundarstufe (Realschule plus Gymnasium) bleibt 9-zügig (vereinfacht gesagt: im Schnitt 9 Klassen pro Jahrgangsstufe). Eine Motivation, die Zügigkeit durch Reduktion des Auswärtigenanteils zu verringern, waren finanzielle Einsparungen bei Bau und Unterhalt, an dem sich die Umlandgemeinden bisher nicht beteiligen wollen, obwohl sie diese beiden Schulen in hohem Maße nutzen. Eine im Vorfeld diskutierte Reduktion der Zügigkeit hätte jedoch eine Reduktion des Angebotspektrums an Fächern und Kursen mit sich gebracht, und das Angebot hätte sich damit auch für die Überlinger Schülerinnen und Schüler reduziert. Wir haben daher den Fortbestand der 9-Zügigkeit unterstützt.
Finanzielle Förderungen
Für einen Schulneubau (geplant für das Gymnasium) erhält der Schulträger im Rahmen der Projektförderung vom Land eine Zuwendung als Festbetrag zum zuwendungsfähigen Bauaufwand in Höhe von 33 Prozent (Regelzuwendung). Bei allgemeinbildenden Schulen wird in der Regel eine zusätzliche Zuwendung in Höhe von 0,7*(P-10)/100 mit dem Prozentsatz P der auswärtigen Schülerinnen und Schüler gewährt. Es scheinen Konstellationen vorstellbar, in denen die zusätzliche Zuwendung die Mehrkosten eines größeren Bauvolumens zur Berücksichtigung eines höheren Auswärtigenanteils kompensiert.
Auch für den Unterhalt erhält der Schulträger einen Landeszuschuss pro Schüler, egal ob auswärtig oder nicht. Allerdings ist dieser Zuschuss nur für die Grundschulen kostendeckend, für die anderen Schulen liegt der Deckungsgrad bei etwa 60% bis 70%. Daher schlägt sich ein hoher Auswärtigenanteil auch in den Unterhaltskosten, die bei der Stadt verbleiben, nieder. Eine Verpflichtung der Umlandgemeinden wird rechtlich mehrere Jahre dauern und auch dann wird die Umsetzung nicht sofort erfolgen.
Bedeutung des kleinen Schulcampus
Franz-Sales-Wocheler-Schule (FSWS) und Wiestorschule (WS) bilden einen kleinen Schulcampus. Dieser Schulcampus bietet aus fachlich-pädagogischer Sicht eine Reihe von Vorteilen, insbesondere im Kontrast zu einer im Vorfeld diskutierten Verlagerung der Wiestor-Gemeinschaftsschule in den Bereich des neuen Campus.
- Inklusion: Inklusion ist ein sonderpädagogischer Bildungsanspruch, d.h. es besteht ein Rechtsanspruch auf Inklusion, bei der die FSWS als Sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszetrum (SBBZ) eine zentrale Rolle einnimmt. Hierbei muss ein Konzept für Inklusion ausgewiesen werden. Partner, die dieses umsetzen, ist in Überlingen neben der Burgbergschule vor allem die Wiestorschule. Hierbei nützt die räumliche Nähe und die unmittelbar aneinander grenzenden Schulhöfe, welche die notwendigen Begegnungen und Austausche zwischen Schülerinnen und Schülern sowie Lehrerinnen und Lehrer auf einfache und verlässliche Weise ermöglichen.
- Beratung: Die FSWS leistet im Rahmen ihres sonderpädagogischen Dienstes ein präventives Beratungsangebot mit im Schnitt etwa 50 Fällen pro Jahr insgesamt, davon etwa 1/4 an der Wiestorschule. Auch hierfür ist die räumliche Nähe von besonderer Bedeutung, ebenso die Tatsache, dass sich sowohl die Schüler als auch die Lehrer beider Schulen zumeist kennen und so ein Vertrauensverhältnis auf einfache Weise entsteht und besteht.
- Rückschulung: Schüler der FSWS können vom Wechsel von Klasse 4 nach 5 in die Gemeinschaftsschule wechseln, wobei der Wechsel von einem halben Jahr intensiver Begleitung durch einen Lehrer der FSWS unterstützt wird. Hierfür ist die räumliche Nähe und die Vertrautheit des Ortes ein wichtiger Erfolgsfaktor.
- Geschützter Raum: Der kleine Campus bietet einerseits einen geschützten Raum, in dem andererseits Förderschüler nicht auf den ersten Blick als solche zu erkennen sind. Damit ist der kleine Campus gleichzeitig entstigmatisierend und identitätsstiftend, und er unterstützt so auf zentrale Weise die pädagogische Arbeit.
- Kooperationsklassen: Die FSWS betreibt Kooperationsklassen mit den weiterführenden Beruflichen Schulen. Hierbei wechseln in der 9. und 10. Klasse Lehrer der FSWS für einige Tage in der Woche mit an die jeweilige Berufsschule. Dieses behutsame Heranführen zeigt, wie gravierend eine Verlagerung des Schulortes und ein Wechsel der zuständigen Personen ist und wie sensibel damit umgegangen werden muss, damit der Wechsel erfolgreich sein kann.
Zusammenfassend ist die räumliche Nähe von Förderschule und Gemeinschaftsschule ein Glücksfall. Müsste man ein räumliches Konzept erst entwickeln, so käme die jetzige Situation dem Idealfall sehr nahe. Die räumliche Nähe beider Schulen ist wesentliche Voraussetzung oder doch wichtige Unterstützung für die pädagogischen Konzepte und Maßnahmen und ihren Erfolg.
Durch eine, im Vorfeld diskutierte Verlagerung der Gemeinschaftsschule in den großen Campus wären diese Vorteile zunichte gemacht oder zumindest viele pädagogischen Maßnahmen erheblich erschwert worden. Es wäre zu befürchten gewesen, dass die Förderschule zunehmend stigmatisierend wirkt, dass die Gemeinschaftsschule in einem Mehrschulgebäude nur wenig eigene Identität entwickeln kann, dass ihre Schüler in einem großen Campus zu wenig Behütung erfahren und dass wichtige Kooperationen mit der Förderschule in der Praxis nicht mehr funktionieren.
Daher haben wir uns sehr dafür eingesetzt, dass der kleine Schulcampus in seiner jetzigen strukturellen Form erhalten bleibt.
Weitere Aspekte
In einem Positionspapier vom 7. Juli 2022 führte die Schulleitergemeinschaft zusätzliche Aspekte auf, die gegen eine Reduktion der Zügigkeit von Realschule und Gymnasium und gegen eine Verlagerung der Gemeinschaftsschule auf den großen Schulcampus sprechen.
Unabhängig von diesen Aspekten sind die Finanzierungen der im Entwurf des Schulentwicklungsplans aufgeführten räumlichen Bedarfe – insbesondere an Grundschulen, an der Gemeinschaftsschule und am Gymnasium – noch größtenteils unklar, sie sind weder vollständig noch belastbar in der mittelfristigen Finanzplanung des aktuellen Haushalts abgebildet. Das ist nun die große Herausforderung, nicht die Verabschiedung des Schulentwicklungsplans.
Hinzu kommt die Fragestellung, in wieweit Umlandgemeinden, deren Schülerinnen und Schüler in erheblichem Maße Überlinger Schulen besuchen, sich nicht nur an Neubau- oder Ertüchtigungsmaßnahmen, sondern auch an Unterhaltsmaßnahmen beteiligen. Der als Mittelzentrum zu leistende Pflichtteil von 30% auswärtigen Schülerinnen und Schülern stellt die Stadt schon vor extreme Herausforderungen, umso mehr Anteile, die weit darüber liegen.Gleichzeitig zeigen die hohen Auswärtigenanteile, wie attraktiv die Überlinger Schullandschaft ist.
Konsequenz
Es muss ein gemeinsames Bemühen von Überlingen und Umlandgemeinden sein, das bestehende Niveau des schulischen Angebots zu erhalten. Überlingen will seiner Verpflichtung und seinem Ruf als attraktive Schulstadt nachkommen und ist dabei auf die konstruktive und konkrete Unterstützung aller, die davon einen Vorteil haben, angewiesen.