Der Regionalplan des Regionalverbands Bodensee-Oberschwaben (RVBO) legt Nutzungsstrukturen und Siedlungsschwerpunkte für die kommenden Jahrzehnte fest. Ein erster Entwurf der Fortschreibung des Plans ist seit 2019 in der Offenlage (siehe www.rvbo.de).
Der Regionalplan ist die Grundlage für Fortschreibungen von Flächennutzungsplänen und Erstellung von Bebauungsplänen in Überlingen, insbesondere zur Schaffung neuer Areale für Wohnungsbau und Gewerbe (sogenannte Siedlungszwecke). Daher ist es richtig und wichtig, dass der Oberbürgermeister den Entwurf dem Gemeinderat im November 2019 und Änderungen hierzu in der letzten Woche zur öffentlichen Beratung vorgelegt hat. Es gibt Kommunen, wo das leider nicht geschah.
Überlingen ist im Entwurf des Regionalplans als Schwerpunkt für Gewerbe vorgesehen mit einem neuen interkommunalen Gewerbegebiet bei Andelshofen von etwa 20 ha, dem auf Wunsch der Verbandsverwaltung des RVBO noch einmal 11 ha in Richtung Auenbachtal zugefügt werden sollten (siehe Bild). In beiden Fällen würde landwirtschaftliche Fläche in Gewerbefläche umgewandelt.
Die im Gemeinderat vorgebrachte Begründung für die Ausweisung dieser Gewerbeflächen ist nachvollziehbar. Man möchte so viel Fläche wie möglich sichern, um in den kommenden Jahrzehnten möglichst großen Handlungsspielraum zu haben; und ob und wieviel Gewerbefläche später tatsächlich umgesetzt wird, entscheide dann ja immer noch der Gemeinderat. Wir meinen, dass diese Argumente zu kurz greifen:
- Das übergeordnete Raumordnungsgesetz legt als Grundsatz fest (ROG §2, 6): „Die erstmalige Inanspruchnahme von Freiflächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke ist zu verringern, insbesondere durch quantifizierte Vorgaben zur Verringerung der Flächeninanspruchnahme sowie durch vorrangige Ausschöpfung der Potenziale für die Widernutzbarmachung von Flächen […].“
Aus unserer Sicht schließt das eine Vorratshaltung potenzieller Gewerbeflächen „auf gut Glück“ im Rahmen des Regionalplans aus. - Überlingen ist als Mittelzentrum einer der im Raumordnungsplan festgelegten Schwerpunkte für Gewerbe, und die Summe über alle Schwerpunkte ergibt knapp die Summe der prognostizierten, benötigten Gesamt-Gewerbefläche in der Region. Damit wird es eine klare Erwartungshaltung des Regionalverbands geben, diese Flächen auch umzusetzen. Es sei denn, sie sind deutlich zu groß angesetzt, dann läge jedoch bereits hier eine Fehlkalkulation vor.
- Die Erwartungshaltung ist sogar noch größer, denn das Areal bei Andelshofen ist als Interkommunales Gewerbegebiet festgelegt. Nachbarkommunen werden einen berechtigten Anspruch auf die Flächen geltend machen, was die Entscheidungsfreiheit des Überlinger Gemeinderats erheblich einschränken wird.
Deshalb finden wir es richtig, dass die eher salopp hinzugefügte Zusatzfläche von 11 ha klar abgelehnt wurde, und aus unserer Sicht ist selbst die Fläche von 20 ha zu hoch angesetzt, auch wenn sie im November 2019 vom Gemeinderat mehrheitlich so beschlossen wurde.
Für den Tausch einer Teilfläche, insbesondere die Neuausweisung einer Fläche für Gewerbe unmittelbar an der Straße „Zum Postbühl“, gab es nachvollziehbare Argumente dafür und dagegen. Auch hier sind wir froh, dass sie mehrheitlich abgelehnt wurde, denn sie hätte die regionale Grünzäsur um Andelshofen beschnitten, die wir als klar erkennbare Strukturkomponente und Schutzzone für das Dorf für unverzichtbar halten.