Mit der geplanten Teilbebauung des Rauensteinparks setzt sich unsere Fraktion intensiv auseinander: aufgrund des laufenden Bauleitverfahrens, aufgrund der Einwände und konstruktiven Anregungen der Bürgerinitiative und aufgrund der unterschiedlichen Aspekte, die abgewogen werden müssen. In unserer Fraktion werden dazu aktuell verschiedene Gesichtspunkte diskutiert, die wir in Dialogform kurz skizzieren möchten.
Siemensmeyer: Die Parkfläche hat mehrere Entwicklungspotentiale: im nördlichen Teilbereich als Wohnbaufläche, insgesamt als öffentlicher Park mit einer öffentlichen Nutzung der Villa und der Nebengebäude, als kühlender wohnungsnaher Aufenthaltsbereich in sommerlichen Hitzeperioden, als Biodiversitäts-Hotspot und Lebensraum für zahlreiche Pflanzen- und Tierarten, als Naturerfahrungsraum für Kinder.
Janicke: Es gibt ja keinen Grund an sich, einen Park zu bebauen. Die Besonderheit hier ist jedoch, dass die Stadt den Park 2015 mit der Maßgabe erwarb, auf einer kleinen Teilfläche Wohnbebauung zu realisieren zur teilweisen Refinanzierung und zur Schaffung von Wohnraum in städtischer Hand.
Siemensmeyer: Aber muss das denn an diesem Standort sein? Alternativen für die Schaffung oder Aktivierung von Wohnraum gibt es zahlreiche, zumal dieses Argument angesichts der enormen Bautätigkeit in Überlingen durchaus als ausschlaggebendes Kriterium hinterfragt werden darf. Da ist man nicht auf gerade diese Fläche angewiesen.
Sorms: Beschäftigt man sich mit der Geschichte des Parks, dann sieht man einen größeren Plan – Villen am See, Verwaltungsgebäude und auch die Parks. Wartet da nicht etwas auf seine Entfaltung? Mir fällt auf: jedes Mal, wenn ich in der Rauensteinstraße bin, lese ich das Schild „Schloss Rauenstein“. Das Schloss kommt nur nie. Das kleine Wäldchen, das so sicher nie geplant war, ist so dicht, dass es wie eine Wand wirkt, die die Südseite mit der Villa komplett von der Nordseite trennt und abkoppelt. Wie wäre denn das ohne das Wäldchen? Möglich wäre es! Das wäre für mich dann wirklich ein Park und ein Anziehungspunkt für sehr viele Menschen, besonders aus den östlichen Quartieren. Und unter dieser Voraussetzung wäre für mich eine Bebauung entlang der Rauensteinstraße dann nicht mehr sinnvoll.
Michalsen: Für mich gibt es im Vergleich zu 2015 keine grundlegend neuen Erkenntnisse. Weicht man nun davon ab, würden die Entscheidungen des Gemeinderats weniger verlässlich. 7 Jahre sind keine besonders lange Zeit.
Lenski: Gerade dieser Standort wäre für junge, einkommensschwache Familien gut geeignet: Kindergärten, Grundschulen, Stadtbus und Grün in unmittelbarer Nähe. Schon letztes Jahr haben wir im Finanzausschuss eingebracht, dass die Stadt hier auf eigener Fläche durchaus auch 100% preisgedämpften Mietwohnungsbau anvisieren könnte.
Dreiseitl: Für günstigen Wohnraum scheint die Stelle geeignet. Die Infrastruktur ist mit der Rauensteinstraße bereits vorhanden und eine behutsame Innenverdichtung ist einem ungebremsten Wachstum nach außen der Vorzug zu geben. Eine Bebauung kann kreativ und sensibel auf den Grünraum eingehen und die Parklandschaft zur Straße abfedern.
Kitt: Wäre auch die städtische Fläche im Grafenholzweg geeignet? Das ist auch in der Nähe und es müsste kein Park dran glauben.
Sorms: Könnte man den Wohnraum nicht in unmittelbarer Nähe im geplanten Baugebiet Rauenstein Ost bei den Schrebergärten realisieren?
Dreiseitl-Wanschura: Für die Bebauung selbst hätte ich gerne ein Modell, das einkommensschwache junge Familien zu 100% präferiert und preisgedämpft ist. Die Bebauung am Parkplatz an der Rauensteinstraße sehe ich außer Zweifel, die anderen Gebäude sollten nochmals überplant werden, insbesondere das Haus an der Ecke, um eine Sichtachse zu lassen. Vor einer Entscheidung möchte ich die Aktualisierung des tatsächlichen Wohnraumbedarfs abwarten. Für die Nutzung des Schlosses würde ich gerne einen öffentlichen Dialog zur Ideenfindung sehen.
Janicke: Wie auch immer argumentiert wird: Wer im Gemeinderat gegen die Umsetzung der Maßgabe von 2015 ist, sollte konkret aufzeigen und voranbringen, wie das in Bezug auf Haushalt und günstigen Wohnraum sonst geschehen soll. Ich befürchte, dass sonst das Schutzziel mit der stärksten Lobby-Arbeit gewinnt. Und mich stört, dass Grünflächen und Bäume offenbar eine größere Lobby haben als einkommensschwache Familien und ein generationengerechter Haushalt.
Siemensmeyer: Das Ensemble von Schloss und Park Rauenstein weist einen für Überlingen einmaligen Charakter auf. Der Park hat ein hohes multifunktionales Entwicklungspotential, welches allen Bewohnern und Gästen langfristig zugutekommen sollte. Dies alles auch vor dem Hintergrund, dass es im Umfeld des Parkes noch zu weiteren Nachverdichtungen kommen wird. Umso wichtiger der vollständige Erhalt seiner Wohlfahrtswirkungen. Wir sollten uns und den nachfolgenden Generationen nicht dauerhaft diese Chance nehmen.
An dieser Stelle blenden wir aus. Man sieht, es gibt ganz unterschiedliche Aspekte, die alle ihre Berechtigung haben. Das erfordert eine besonders intensive und sorgfältige Abwägung. Die Fraktion LBU/Die Grünen stellt sich dem offen und gewissenhaft, und wir werden hierzu zahlreiche weitere Gespräche im Gemeinderat und mit der Bevölkerung führen.